Tierschutzgesetz-Novelle wird Staatsziel Tierschutz nicht gerecht

Mitteilung: Menschen für Tiefrrechte

Menschen für Tierrechte fordert die Bundesregierung auf, den ungenügenden Entwurf nachzubessern

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Bundesregierung am 24.5. ihren Entwurf für die Novellierung des Tierschutzgesetzes beschlossen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte kritisiert, dass die Überarbeitung weder dem Staatsziel Tierschutz noch dem Koalitionsvertrag gerecht wird. Er fordert die Ampelkoalition auf, dringend im Sinne der Millionen von leidenden Tieren nachzubessern.

Seit Monaten sorgt der Referentenentwurf des Tierschutzgesetzes (TierSchG) für Diskussionen. Wissenschaftsverbände, Hundezüchter:innen und Agrarlobby, insbesondere Schweine- und Rinderhalter:innen, machen gegen ein höheres Tierschutzniveau mobil – mit Erfolg. Das Gesetz wurde an mehreren Stellen deutlich zu Lasten der Tiere abgeschwächt. … weiterlesen

Tierschutz gilt auch für „Versuchstiere“

Mitteilung: Menschen für Tierrechte 

Wissenschaftsverbände machen seit Wochen gegen die Reform des Tierschutzgesetzes mobil. Durch geplante Verschärfungen für den Tatbestand der Tierquälerei befürchten sie, dass Forscher:innen zukünftig mit Haftstrafen belegt werden könnten und warnen vor Abwanderung biomedizinischer Expertise aus Deutschland. Sie fordern, gesetzlich zu verankern, dass die Tötung von Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken gezüchtet wurden, grundsätzlich legitimiert werden soll. Diese Forderung lehnt der Bundesverband Menschen für Tierrechte ab. Es kann nicht sein, dass Millionen von Tieren pauschal vom Schutzstatus des Tierschutzgesetzes ausgenommen werden. Der Tierrechtsverband schlägt stattdessen vor, den Umgang mit den sogenannten überzähligen Versuchstieren an anderer Stelle zu regeln. … weiterlesen

Koalitionsvertrag: Schwarze Zeiten für den Tierschutz in Hessen

Das Hessische Tierschutzbündnis, ein Zusammenschluss von Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V., Landestierschutzverband Hessen e.V., TASSO e.V., Menschen für Tierrechte, Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. und Wildtierschutz Deutschland e.V., kritisiert, dass der Tierschutz nur einen untergeordneten Stellenwert im Koalitionsvertrag von CDU und SPD einnimmt. Besonders bemängeln die Tierschützer die hervorgehobene Bedeutung der Jagd, die lediglich das Hobby einer kleinen Minderheit darstellt, während der Tierschutz hingegen als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist. … weiterlesen

„Schluss mit der Straflosigkeit bei Tierquälerei!“

Menschen für Tierrechte übergibt Petition an die Bundesminister Cem Özdemir und Marco Buschmann

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte hat am 12.12.2023 57.308 Unterschriften von Bürger:innen übergeben, die die Petition „Schluss mit der Straflosigkeit bei Tierquälerei“ unterschrieben haben. Die Unterzeichner:innen fordern, die Schwachstellen im Vollzugs- und Rechtssystem zu schließen, damit Tierquälerei endlich effektiv verfolgt und hart bestraft wird.

Dokumentationen und Recherchen belegen immer wieder, dass Tierquälereien in Schlachthöfen, in Zucht- und Mastanlagen, bei Tiertransporten und in Tierversuchslaboren nicht die Ausnahme, sondern oft die Regel sind. Aktuelle Beispiele sind der Schlachthof Aschaffenburg, wo Tiere mit Elektroschockern gequält und ohne Betäubung geschlachtet wurden (1) oder die am 20. November veröffentlichte NDR-Recherche zu illegalen Tierversuchen in Deutschland (2). … weiterlesen

Urteil im „Allgäuer Tierschutzskandal“ rechtskräftig

Bundesgerichtshof – Beschluss vom 25. Juli 2023 – 1 StR 145/23

Das Landgericht Memmingen hat zwei Landwirte wegen mehrerer Fälle der quälerischen Misshandlung von Wirbeltieren verurteilt (§ 17 Nr. 2 Buchst. b TierSchG). Gegen einen Angeklagten hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie ein fünfjähriges Verbot verhängt, landwirtschaftliche Nutztiere zu halten, betreuen oder sonst berufsmäßigen Umgang mit diesen zu haben (§ 20 Abs. 1 TierSchG). Gegen den anderen Angeklagten hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

Nach den durch das Landgericht getroffenen Feststellungen unterließen es die Angeklagten als verantwortliche Tierhalter entgegen ihrer sich aus § 2 Nr. 1 TierSchG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ergebenden Pflicht, bei den von ihnen gehaltenen Rindern unverzüglich Maßnahmen zur Behandlung kranker Tiere zu ergreifen, namentlich einen Tierarzt beizuziehen. Sie fügten so den Rindern länger anhaltende erhebliche Schmerzen zu, die bei Vornahme der gebotenen Handlungen hätten vermieden werden können. Ein Angeklagter enthornte ferner acht Kälber mittels eines ungeeigneten Geräts ohne geeignete Schmerzmittelgabe.

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg. Die Überprüfung des Urteils durch den 1. Strafsenat hat keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.

Das landgerichtliche Urteil ist damit rechtskräftig.


Vorinstanz:
LG Memmingen – 1 KLs 331 Js 15146/19 – Urteil vom 29. November 2022

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 17 TierSchG:
Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. …
2. einem Wirbeltier
a) …
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.

§ 20 TierSchG:
(1) Wird jemand wegen einer nach § 17 rechtswidrigen Tat verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht das Halten von sowie den Handel oder den sonstigen berufsmäßigen Umgang mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren oder für immer verbieten, wenn die Gefahr besteht, daß er weiterhin eine nach § 17 rechtswidrige Tat begehen wird.

§ 2 TierSchG:
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1. muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,

§ 4 Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung):
(1) Wer Nutztiere hält, hat vorbehaltlich der Vorschriften des Abschnitts 2 sicherzustellen, dass
1. …
2…
3. soweit erforderlich, unverzüglich Maßnahmen für die Behandlung, Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage oder die Tötung kranker oder verletzter Tiere ergriffen werden sowie ein Tierarzt hinzugezogen wird;


3.8.2023
Bundesgerichtshof
www.bundesgerichtshof.de

 

Nach Aufdeckung von Tierquälerei: Staatsanwaltschaft Oldenburg stellt Ermittlungen gegen Verantwortliche des Schlachthofs Oldenburg ein, obwohl eigenes Gutachten Straftaten aufzeigt

Bericht: Deutsches Tierschutzbüro

Oldenburg, 13.06.2023. Anfang November 2018 hatte das Deutsche Tierschutzbüro Bildmaterial, das Tierquälerei im Schlachthof Oldenburg dokumentiert, der Staatsanwaltschaft Oldenburg, dem zuständigen Veterinäramt Oldenburg und dem Landwirtschaftsministerium in Hannover überreicht. Die Videos zeigen, wie eine Vielzahl von Rindern und ausgedienten Milchkühen unzureichend und nicht fachgerecht betäubt wurden und, obwohl sie augenscheinlich bei Bewusstsein waren, noch gestochen und getötet wurden. Dies lässt sich auf den Aufnahmen in erschreckender Vielzahl bei den Tieren feststellen. Darüber hinaus wurden Tiere verbotenerweise bis zu 28 Mal mit Elektroschockern malträtiert, mit Treibpaddeln oder anderweitig gewaltsam aus ihren Boxen getrieben und unnötigerweise Verletzungsgefahren ausgesetzt. Der Schlachthof selbst bestätigte im Grunde die Vorwürfe. Die Bildaufnahmen entstanden mit versteckten Kameras in dem Zeitraum September und Oktober 2018 und umfassen über 600 Stunden Videomaterial. … weiterlesen

Fragwürdige Begründungen für eingestellte Ermittlungen

Strafanzeigen in Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen: fast alle Verfahren eingestellt

Lebendtiertransporte in Drittstaaten: VIER PFOTEN veröffentlicht einen neuen Report (siehe unten) über 21 Strafanzeigen gegen Organisator:innen, Speditionen und Veterinärbehörden in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Die globale Tierschutzstiftung hatte die Beteiligten im Juni 2020 aufgrund des Verdachts der Beihilfe zur Tierquälerei bei Tiertransporten angezeigt. VIER PFOTEN geht davon aus, dass den Tieren während der beanstandeten Tiertransporte in den Jahren 2019 und 2020 sowie am Zielort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit länger anhaltende erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt wurden. Inzwischen wurden 18 der Verfahren eingestellt. Die Begründungen der Staatsanwaltschaften zu den eingestellten Verfahren hält VIER PFOTEN für fragwürdig.

„In Deutschland fehlt den Behörden und der Justiz offenbar der Wille, Tierschutzbestimmungen auf Transporten in Hochrisikostaaten durchzusetzen. Unser Eindruck ist, dass die Genehmigungsbehörden den an den Transporten Beteiligten viel zu viel durchgehen lassen. Auffällig ist, dass die Staatsanwaltschaften bei unseren Strafanzeigen den Beschuldigten zum Teil mehr Glauben schenkten als unseren Belegen. Dabei zeigt unsere Auswertung sehr deutlich, dass die Transporte so geplant und durchgeführt wurden, dass nicht einmal die ohnehin laschen Tierschutztransportvorgaben eingehalten wurden. Dies hätten die Veterinärbehörden in keinem Fall genehmigen dürfen. Die Auswertung unserer Strafanzeigen zeigt, dass man sich in Sachen Tierschutz nicht auf die Veterinärbehörden und die Justiz verlassen kann. Wenn die Behörden Transporte rechtswidrig genehmigen und selbst Strafanzeigen nicht ausreichen, um Tierschutzverstöße zu verhindern, brauchen wir ein nationales Verbot von Tiertransporten in Hochrisikostaaten und Drittstaaten.“
Ina Müller-Arnke, Expertin für Tiere in der Landwirtschaft bei Vier Pfoten

Hintergrund
Vier Pfoten hatte im Juni 2020 in 21 Fällen Strafanzeigen gegen Tiertransporte in Drittländer gestellt. Es handelte sich bei allen Strafanzeigen um lange Tiertransporte aus Deutschland in tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten wie Algerien, Marokko, Georgien, Iran, Libanon, Libyen, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. Von den 21 Strafanzeigen wurden bei 18 die Ermittlungen eingestellt. Doch in allen 21 Fällen wurden diese Tiertransporte nach Ansicht von VIER PFOTEN in strafbarer Weise, also rechtswidrig, von den Behörden genehmigt und von den Betreibern durchgeführt. Entsprechende Belege, wie zum Beispiel abgestempelte, unplausible Transportplanungen, wurden den Anzeigen größtenteils beigelegt. Aus den Transportplanungen ging hervor, dass weder eine nachvollziehbare Transportroute vorlag, noch vorgeschriebene Versorgungsstellen und Pausenzeiten eingehalten wurden. Dies machte ein Leiden der Tiere mehr als wahrscheinlich. Die später im Zielland folgende Schlachtung ohne Betäubung stellt einen weiteren Grund dar, der das Leiden der exportierten Tiere mehr als wahrscheinlich sein lässt.  „Die Begründungen der Staatsanwaltschaften muten da zynisch an: Diese argumentierten teilweise, dass das Leiden der Tiere nicht mehr nachvollziehbar sei, da der Transport bereits abgeschlossen sei. Frei nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn. Eine aus unserer Sicht völlig unverständliche Rechtfertigung. Insgesamt halten wir die Begründungen zur Einstellung der Ermittlungen für mehr als fragwürdig“, so Ina Müller-Arnke.

Die Politik muss Verantwortung übernehmen
Die Staatsanwaltschaften beriefen sich in den eingestellten Verfahren häufig darauf, dass eine Klärung der Grundsatzfrage, ob Tiertransporte in Hochrisikostaaten außerhalb der EU überhaupt genehmigt werden dürften, der Bundesregierung obliege. Die Bundesregierung verweist jedoch bei der Frage, ob ein Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer angebracht wäre, auf die EU. Zudem verweist sie bezüglich der Verantwortlichkeit zur Erteilung von Transportgenehmigungen auf die Bundesländer. Die Bundesländer wiederum verweisen auf die Genehmigungsbehörden, die jedoch rechtswidrig Tiertransporte durchwinken.  „Und so wird die Verantwortung immer wieder zwischen den Beteiligten hin- und hergeschoben. Das muss endlich ein Ende haben. Wir brauchen deshalb dringend ein nationales Verbot von Drittlandexporten lebender Tiere“, sagt Ina Müller-Arnke.

zum neuen Report über die Auswertung von 21 Tierschutz-Strafanzeigen


17.4.2023
Oliver Windhorst
Vier Pfoten e.V.
www.vier-pfoten.de