Özdemir muss Mittel verbieten!
foodwatch hat Bundesagrarminister Cem Özdemir einen unverantwortlichen Umgang mit Pestizid-Neuzulassungen vorgeworfen. Recherchen der Verbraucherorganisation zeigen: Das von Özdemir geführte Bundeslandwirtschaftsministerium hat allein in diesem Jahr 150 neue Pestizid-Mittel zugelassen – obwohl einige dieser Mittel riskante Wirkstoffe enthalten, bei denen teilweise seit Jahren die Sicherheitsüberprüfung auf EU-Ebene verschleppt wird. Darunter sind zum Beispiel mehrere Insektengifte und ein hochgefährliches Pilzmittel, das den Stoff Dimethomorph enthält. Dieses Pestizid kann laut Europäischer Chemikalienagentur (ECHA) die Fruchtbarkeit bei Menschen beeinträchtigen. foodwatch forderte Cem Özdemir auf, alle Pestizide, die keine abgeschlossene EU-Risikobewertung haben, in Deutschland sofort vom Markt zu nehmen.
„Das Ministerium von Cem Özdemir winkt die Zulassung von gefährlichen Pestizid-Mitteln einfach durch, obwohl eine abschließende Sicherheitsprüfung durch die EU fehlt. Der Grünen-Minister gefährdet die Gesundheit von Verbraucher:innen und treibt das Bienen- und Insektensterben voran. Dänemark zeigt, wie es besser geht: Dort ist nur rund die Hälfte aller Pestizid-Wirkstoffe zugelassen, die in Deutschland erlaubt sind“, sagte Annemarie Botzki von foodwatch.
Die Verbraucherorganisation startete unter foodwatch.org/ungepruefte-pestizide eine E-Mail-Protestaktion an Cem Özdemir. Die Forderung: Alle Pestizid-Mittel ohne aktuelle Risikobewertung durch die EU müssen in Deutschland sofort verboten werden. Langfristiges Ziel müsse eine pestizidfreie Landwirtschaft sein, so foodwatch.
Für die Zulassung und Sicherheitsprüfung von Pestizidwirkstoffen ist die EU zuständig – die Genehmigung für die aus diesen Wirkstoffen hergestellten Produkte erteilen dann jeweils die EU-Mitgliedstaaten. Die zuständige EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit schafft es allerdings seit Jahren nicht, alle vorgeschriebenen Risikobewertungen vorzunehmen. Stattdessen werden bei vielen Pestiziden die Zulassungen einfach immer wieder ohne eine erneute Prüfung verlängert. Die daraus hergestellten Pestizid-Mittel werden auch in Deutschland zugelassen, wie die foodwatch-Recherchen zeigen.
Unter den neu genehmigten Mitteln sind beispielsweise gleich mehrere Insektengifte mit dem Wirkstoff Deltamethrin. Der Stoff ist nervenschädigend und gefährdet Bienen und Hummeln. Seit fast zehn Jahren hängt er in der „Dauerschleife“ für die Zulassung und wurde noch nie abschließend durch die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde bewertet. Dabei könnte der Wirkstoff ohne weiteres durch weniger toxische Alternativen ersetzt werden.
Ein anderes Beispiel ist das nachgewiesen hochgefährliche Dimethomorph. Der Wirkstoff ist nach EU-Zulassungsrecht „nicht genehmigungsfähig“, die Zulassung wäre eigentlich am 31.7.2022 ausgelaufen. Trotz der bekannten Gefahren hat das Bundesagrarministerium ein neues Mittel mit Dimethomorph zugelassen. Dimethomorph wird nach wie vor in großen Mengen auf Feldern versprüht, allein im Jahr 2021 wurden 61 Tonnen in Deutschland verkauft.
foodwatch hatte erst kürzlich belegen können, dass insgesamt rund 30 Prozent aller derzeit in der EU zugelassenen Pestizidwirkstoffe ohne Risikobewertung immer wieder verlängert werden. Die Verbraucherorganisation forderte Cem Özdemir auf, sich für eine umfassende Reform der derzeitigen EU-Zulassungspraxis einzusetzen. Schon jetzt könne der Minister aber alle Mittel, die Pestizidwirkstoffe ohne eine aktuelle EU-Risikobewertung enthalten, für Deutschland verbieten, so foodwatch.
Annemarie Botzki: „Trotz des fahrlässigen Prozesses zur Risikobewertung auf EU-Ebene könnte das Ministerium von Cem Özdemir die Pestizid-Mittel sofort vom deutschen Markt verbannen und damit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesundheit und den Schutz der Umwelt leisten.“
19.12.2022
Foodwatch
www.foodwatch.org/de
Bild von Niklas auf Pixabay
⇒ zur E-Mail-Aktion:
Ungeprüfte Pestizide: Augen auf, Cem Özdemir!