Corona als Wendepunkt für den Ausstieg aus dem Tierversuch

Offener Brief an Klöckner und Karliczek anlässlich der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft

01.07.2020

Angesichts der Corona-Krise hat sich ein Bündnis von Tierschutzorganisationen in einem Offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek gewandt. Die Vereine, die zusammen die Kampagne „Ausstieg aus dem Tierversuch. JETZT!“ unterstützen, fordern darin mehr Forschungsgelder für tierfreie, humanbasierte Forschungs- und Testmethoden. Jetzt sei die Zeit gekommen, um den lange überfälligen Paradigmenwechsel mit einem konkreten Ausstiegsplan einzuleiten.

Die federführenden Vereine Ärzte gegen Tierversuche und der Bundesverband Menschen für Tierrechte fordern gemeinsam mit einem Bündnis von 12 weiteren Tierschutzorganisationen von der Bundesregierung, jetzt die Weichen zu stellen für eine moderne humanbasierte Forschung. Im Rahmen der am 1. Juli beginnenden EU-Ratspräsidentschaft hat Deutschland die Möglichkeit, diesen Prozess auch auf EU-Ebene voranzubringen.

„Bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff fließt derzeit viel Geld in die tierexperimentelle Forschung. Doch Tierversuche leisten nicht, was Wissenschaft und Bevölkerung sich davon versprechen. Ein künstlich krank gemachtes, genmanipuliertes Tier kann die Situation eines erkrankten Menschen nicht widerspiegeln. Die Pandemie müsste stattdessen ein Weckruf sein. Angesichts der Bedrohung und des Zeitdrucks darf es kein ‚Weiter so‘ geben“, fordert Christina Ledermann, Vorsitzende des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte.

n dem Offenen Brief äußern die Vereine die Befürchtung, dass es in absehbarer Zukunft keinen Impfstoff gegen COVID-19 geben wird, wenn weiter am Tierversuch festgehalten wird. Dies zeige die Forschung am verwandten SARS-Virus. Nach 10 Jahren erfolgloser Tierversuchs-Forschung hatte man die Versuche, einen SARS-Impfstoff zu entwickeln, aufgegeben. Fakt sei zudem, dass allgemein rund 95% der neuen Medikamente, die im Tier für wirksam und sicher befunden wurden, keine Marktreife erreichen – entweder zeigten sie beim Menschen nicht die erwünschte Wirkung oder sie hätten erhebliche Nebenwirkungen.

Humanbasierte Methoden, die gezielt für den Menschen entwickelt werden, böten stattdessen ein enormes Entwicklungspotenzial. Dieses müsse endlich angemessen gefördert werden. „Was die Bundesregierung in den letzten Jahren diesbezüglich getan hat, ist nicht einmal ansatzweise zufriedenstellend. Eine Förderung der sogenannten 3R-Forschung von unter 1% verglichen mit der Finanzierung der tierexperimentellen Forschung ist ein Armutszeugnis. Und dabei geht dieses Geld nicht einmal in tatsächlichen ‚Ersatz‘, sondern auch in ‚Verbesserung‘ und ‚Reduzierung‘ von Tierversuchen“, erklärt Dipl-Biol. Julia Radzwill, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Ärzte gegen Tierversuche.

Für die Vereine ist eine Umschichtung der Forschungsgelder als Teil eines umfassenden Ausstiegs-Konzepts dringend erforderlich. Zudem bedarf es konkreter Sofortverbote, Zielvereinbarungen, Ausstiegsdaten und schneller Anerkennungsverfahren für tierversuchsfreie Systeme. Die Niederlande handelten mit ihrem Ausstiegskonzept beispielgebend. Deutschland soll sich nicht nur im eigenen Land, sondern auch auf EU-Ebene für diese Ziele einsetzen. Am 01. Juli übernimmt Deutschland den Vorsitz des EU-Rats – ein guter Zeitpunkt, dieses immens wichtige Thema einzubringen.

Download des offenen Briefes


1.7.2020
Ärzte gegen Tierversuche e.V.
www.aerzte-gegen-tierversuche.de

 

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