Mach mal die Fliege

mf – Ich liebe alle Tiere, und ich freue mich, wenn sie zu mir kommen. Doch halt – stimmt das wirklich? Ich gebe es ja nur ungern zu, aber auf die Gesellschaft von diesen fiesen kleinen Stechmücken, die einen mit ihrem Bssss in den Wahnsinn treiben, könnte ich verzichten. Und auch ganz normale Stubenfliegen, die die Angewohnheit haben, immer mit Gebrumm um meinen Kopf zu schwirren, lösen oft eher unfreundliche Gedanken in mir aus.

Deshalb habe ich vor meinem Schlafzimmerfenster ein Fliegengitter. Damit erst gar keine tierfeindlichen Gefühle aufkommen können. Trotzdem hat sich doch neulich so ein Biest klammheimlich eingeschlichen. Ich war gerade am Einschlafen, da hörte ich es: Brrrrr, Bssss, Brrrrr – ziemlich laut und ziemlich dicht über meinem Kopf. Ich knipste das Licht wieder an und da sah ich sie: ein wahres Monstrum von einer Schmeißfliege, dick und fett und kohlrabenschwarz. „Mach bloß die Fliege“, knurrte ich. Das tat sie aber nicht. Brrrr, Bssss, Brrrr. Es ist mir ja megapeinlich, aber ich war drauf und dran, in die Küche zu gehen und nach einer Mückenpatsche zu suchen. Natürlich wollte ich den nächtlichen Störenfried nicht ins Jenseits befördern, nur so ein bisschen ausknocken und dann in die Freiheit entlassen.

Aber dann habe ich mich geschämt. Ich spreche täglich mit Tieren – auch mit Insekten. Warum also nicht mit diesem? „Du hör mal“, sagte ich also zu dem rumorenden Dickwanst, „es ist schon ziemlich spät, und ich bin ziemlich müde. Meinst du nicht, es wäre Zeit zum schlafen? Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du jetzt Ruhe geben könntest.“

Danach löschte ich wieder das Licht und konnte erst mal nicht einschlafen. Der Gedanke an den schwarzen Brummer über meinem Bett beunruhigte mich, aber merkwürdigerweise verhielt er sich absolut friedlich – die ganze Nacht über. Ich war total gerührt. Erst am nächsten Morgen machte er sich wieder lautstark bemerkbar und wollte endlich nach draußen.

Wie die meisten Fliegen fand aber auch diese den Ausgang nicht (ich habe das noch nie verstanden – hallo, erklärt ihr mir das mal?). Also bot ich meinem neuen Haustier an, sich von mir fangen und in die Freiheit bringen zu lassen. Sie werden es nicht für möglich halten, aber das tat es! Ganz brav ließ es sich von meinem „Snapy“ (ein wunderbares Gerät zum schonenden Greifen von Spinnen und anderen Insekten) aufnehmen, und gleich darauf flog es selig in den ungewöhnlich milden Novembermorgen.

Ich schaute „meiner“ Fliege lange nach. Wie einfach das Leben sein kann – und wie schön. Ich hatte solche Erlebnisse schon öfters, aber sie sind immer wieder ein Wunder für mich. Die Fliegenklatsche habe ich eingemottet, die brauche ich nicht mehr. Und Sie?

©mf

 

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