Menschen für Tierrechte ernennt den Vogel als „Versuchstier des Jahres 2025“

Bericht: Menschen für Tierrechte e.V.

Seit 2003 ernennt Menschen für Tierrechte e.V. das „Versuchstier des Jahres“. In diesem Jahr ist es der Vogel. Mit der jährlichen Ernennung macht Menschen für Tierrechte die Versuche an bestimmten Tieren öffentlich und zeigt in diesem Zusammenhang das große Potenzial tierversuchsfreier Verfahren sowie deren Weiterentwicklung auf. Vögel als Versuchstiere werden oft übersehen, weil sie im Vergleich zu Mäusen, Fischen oder Ratten nicht so häufig in Versuchen eingesetzt werden. Dennoch müssen auch viele verschiedene Vogelarten in Tierversuchen leiden.

Unterstützung für das Versuchstier des Jahres kommt diesmal von der Schirmherrin Ingeborg Livaditis, eine Grande Dame der Tierversuchsgegner-Bewegung in Deutschland. Ingeborg Livaditis war 1982 Gründungsmitglied von Menschen für Tierrechte. Für ihr jahrzehntelanges unbeirrtes Engagement für den Tierschutz erhielt sie 2006 das Bundesverdienstkreuz.

Hinter dem „Versuchstier“ Vogel verbergen sich zahlreiche Vogelarten. Vögel werden sowohl in der Grundlagenforschung, in der angewandten/translationalen Forschung, in der Aus-, Fort- und Weiterbildung als auch in Untersuchungen im Rahmen des Artenschutzes eingesetzt.

Welche Vogelarten sind besonders betroffen?
Auffallend viele Tierversuche werden an Hühnern durchgeführt. Der Fokus liegt dabei meistens darauf, die industrielle Ei- oder Fleischproduktion zu optimieren. Hühner, Puten & Co. werden außerdem eingesetzt, um Krankheiten, Infektionen und psychische Störungen der Tiere infolge der industriellen Tierhaltung zu untersuchen oder die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern auf den Menschen zu reduzieren.

Das Haushuhn ist auch das am häufigsten verwendete Tiermodell zur Untersuchung der Kurzsichtigkeit des Menschen. Dabei sind diese Versuche vermeidbar: Es gibt bereits wirksame Mittel gegen Kurzsichtigkeit.

Auch Wildvögel werden in Tierversuchen eingesetzt
Andere Beispiele sind die seit Jahren laufenden qualvollen Studien an Singvögeln und Untersuchungen, die das Zugverhalten in die Winterquartiere anhand des Magnetsinn-Proteins beim Rotkehlchen erforschen. Auch in der Aus- und Weiterbildung werden Singvögel häufig als Modellorganismen genutzt, um zu studieren, wie Lernvorgänge bei Wirbeltieren ablaufen. Am Ende der Versuchsreihen werden die Tiere fast immer getötet. Dabei bestehen begründete Zweifel, ob diese Versuche überhaupt rechtlich zulässig und ethisch vertretbar sind.

Massentierhaltung ist Treiber von Tierversuchen
Ohne die Massentierhaltung wären viele Tierversuche obsolet. Das betrifft die Forschung bei der Entwicklung von Impfstoffen, wie beispielsweise gegen die Marek-Virusinfektion, eine meldepflichtige Herpesviruserkrankung von Hühnern, oder z.B. auch bei psychischen Störungen wie Federpicken.

Die Ausweitung einer pflanzenbasierten Ernährung und Produktion im Sinne der wissenschaftlich geforderten Planetary Health Diet würde nicht nur helfen, eine ökologisch verträgliche und gesunde Nahrungsmittelproduktion und Ernährung zu erreichen, sie würde auch Tierversuche überflüssig machen, mit denen Erkrankungen infolge der industriellen Tierhaltung erforscht werden.

Tierversuchsfreie Verfahren wirtschaftlich und ethisch im Vorteil
Arzneimittelentwickler haben großes Interesse an humanspezifischen Verfahren, weil diese oft präziser, reproduzierbar und schlicht kostengünstiger sind als Versuche am Tier. Die Pharmaindustrie schätzt, dass der Einsatz von KI anstelle von Tierversuchen die Herstellungskosten in den nächsten Jahren halbieren könnte. Wissenschaftler arbeiten an Lösungen für den besonders komplizierten systemischen Ansatz des Gesamtorganismus. „Große Zukunftsaussichten haben Methoden der künstlichen Intelligenz, aber auch der Stammzellforschung, der Organ-on-a-Chip-Technologie und der bildgebenden Verfahren“ so Dr. Christiane Hohensee, Fachreferentin für tierversuchsfreie Methoden bei Menschen für Tierrechte. „Jede neue Technik beschleunigt den Fortschritt.“

Nötig: Umschichtung der Fördermittel
Während die Industrie bereits auf tierversuchsfreie Verfahren setzt, verläuft die Unterstützung der Politik zu zögerlich. „Eine angemessene Förderung bleibt entscheidend für die zügige Entwicklung leistungsfähiger, tierversuchsfreier Verfahren“, so Hohensee weiter. Trotz der vielversprechenden Entwicklungen fließt der Großteil der Forschungsgelder weiterhin in Tierversuchsvorhaben. Daher fordert Menschen für Tierrechte eine Umschichtung der Fördermittel, auch, um dem in der EU-Richtlinie 2010/63/EU formulierten Ziel des Ausstiegs aus dem Tierversuch näher zu kommen. Nötig ist auch eine grundlegende Novellierung der Genehmigungspraxis von Tierversuchen z.B. gegen Tierversuchsdopplungen. Aus diesen komplexen Forderungen hat Menschen für Tierrechte eine Gesamtstrategie für eine tierleidfreie Wissenschaft entwickelt und setzt sich für deren politische Umsetzung ein.


15.10.2025
Christina Ledermann
Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
www.tierrechte.de
Image by Alexa from Pixabay

 

 

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